{…Plem Plem für Anfänger…}
Was ein Glück könnt Ihr mich jetzt gerade nicht sehen…
Ich sitze mit einer leeren Keksdose auf dem Kopf vor meinem Computer. Links von mir liegt meine alte Blockflöte. Rechts ein Berg von leerem Mon Chérie-Papier in rosarot und eine Nasendusche. Ich trage einen Bademantel in der selben Farbe. Warum das alles? Ich übe mich in „Exzentrik“. Und alles nur, weil mich dieses ständige Angepasstsein so nervt.
Aber dazu später mehr…
Es soll ja Menschen geben, die keinen Gesundheitstrend verpassen.
Meine Freundin ist so jemand. Man könnte es natürlich auch liebevoll verzärtelter Hypochonder nennen. Kommt irgendein neues Wellness-Wohlfühl-Schrottprodukt auf den Markt, so kann man sich sicher sein, dass sie es noch vor allen anderen hat.
Eine faltbare Liege für den gesunden Power-Nap-Büroschlaf, ein Bandscheibenkissen unter dem Hintern, spezielle Johanniskrautpillen, wenn mal miese Gedanken aufkeimen und und und. Alles für teures Geld angeschafft, weil es jetzt Trend ist. Natürlich hat sie auch schon sämtliche angesagten Ernährungsweisen ausprobiert.
Von allem wenig, aber dafür indische Pornos trinken
Seit kurzem fastet meine Freundin. Klar irgendeiner fastet ja immer (auch außerhalb der Fastenzeit). Heilfasten, Alkoholfast, Süßkramfasten… Alle machen das, außer mir!
Wenn in diesem Jahr der Entsagungs-Oscar zu vergeben wäre, meine Freundin würde wahrscheinlich auf die Bühne gerufen werden. Kein Alkohol, wenig Salz, wenig rotes Fleisch (wenn überhaupt Fleisch…), wenig Zucker, wenig, wenig, wenig. Das nervt! Und ist ne echte Spaßbremse.
In der letzten Woche rief sie mich an und teilte mir ganz stolz mit: „Tanja, ich gehe jetzt zum Yoga!“ „Aha… Und?!“ „Ich wollte fragen, ob Du nicht Lust hast mitzugehen?“ sagte sie und schlürfte lautstark am anderen Ende der Leitung irgendein Getränk. „Das ist wirklich toll und wird Dich auch mal ein bisschen runterbringen!“ Wieder ein langgezogenes Schlürfen.
„Sag mal, was schlürfst Du denn da die ganze Zeit in mein Ohr?“ „Oh, das ist einer meiner neuen Wellness-Tees. Die habe ich mir extra im Internet bestellt. Gerade trinke ich „Sinnlicher Morgen des Tigers“. Aber „Herbal Dreams of Krishnapoor“ ist auch sehr bekömmlich!“
„Also mit diesen Namen könnte man auch locker indische Pornofilm-Plakate betexten… Und nein, ich gehe nicht mit zum Yoga. Meine weiße Haremshose ist nämlich gerade in der Reinigung!“ antworte ich ironisch. „Ach komm Tanja. Alle gehen doch zum Yoga! Du verpasst echt was!“ „Genau…und weil ALLE zum Yoga gehen, werde ich es genau nicht tun. Mir ist egal was ALLE machen oder denken!“
Wir beendeten kurz darauf das Telefonat, weil sie ja zu ihrem Kurs musste und ich keine Lust auf die Weiterführung von „Ich-bin-ja-so-wie-alle-Telefonat“ hatte.
Plem-Plem ist gesund!
Meiner Meinung nach hat ein bisschen Plem-Plem-Sein noch keinem geschadet.
Ein schottischer Professor hat vor Jahren eine Studie durchgeführt, in der es genau um dieses Thema ging. >>>Anders sein<<< Herausgekommen ist, dass viele Menschen an Körper und Seele krank werden, weil sie sich erstens ständig anpassen und alles machen was alle anderen tun. Und weil sie sich permanent mit anderen vergleichen und dabei meistens schlechter abschneiden.
Jeder sollte mal öfter ordentlich auf die Kacke hauen und einen an der Waffel haben.
Die „Exzentriker“, wie David Weeks die optimistischen, durchgeknallten und kreativen Menschen nannte, waren hingegen weniger häufig krank und einfach glücklicher.
Egal ob man mit 7500 Gartenzwergen in einer Einzimmerwohnung lebt, ob man das Bedürfnis hat barfuß durch England zu spazieren, täglich in einer Mönchskutte zur Arbeit fährt oder seinem Schäferhund sein Haus vererbt. Völlig egal. Wenn man sich dabei wohlfühlt ist alles erlaubt, was den anderen nicht schadet.
Mon Cherie brennt in der Nase
Meine Keksdose auf dem Kopf sitzt leicht schief und riecht wunderbar nach Butter.
„Highway to hell“ auf meiner alten C-Blockflöte zu spielen ist schwieriger als gedacht und hat den Nachbarn bestimmt auch den Nachmittag unterhalten. Meine Nase brennt etwas. Die ganzen Mon Chérie durch die Nasendusche zu konsumieren ist leider nur halb geglückt. Aber egal.
Kurz überlege ich, ob ich nicht doch zum Yoga gehe und meiner Freundin unbemerkt ein Furzkissen unter die Matte schiebe….
Ich glaube meine heutige Übung zu „Wie werde ich exzentrisch“ ist voll geglückt und ich stelle mir voller stolz mein Plem-Plem-Diplom aus.
Die „Kekse“, die mal in der Keksdose auf meinem Kopf waren, habe ich übrigens selbst gebacken und waren gar keine Kekse, sondern diese tollen Madeleines. Da ich die Dose aber ja schon geleert hatte, bevor ich sie über meinen Kopf gestülpt habe, hab ich sie schnell nochmal gebacken. Das Rezept dazu gibt’s hier:
- 125 g Butter oder Margarine
- 3 Eier (Größe M)
- 125 g Zucker
- 1 Päckchen Vanillezucker
- abgeriebene Schale von ½ unbehandelten Zitrone
- 125 g Mehl
- 2 gestrichene(r) TL Backpulver
- 60 g gemahlene Mandeln
- 1–2 TL Puderzucker
- Fett für die Form
- Fett in einem kleinen Topf schmelzen, vom Herd nehmen und abkühlen lassen.
- Inzwischen Vertiefungen des Madeleineblechs gut fetten.
- Eier, Zucker, Vanillezucker und Zitronenschale in eine Rührschüssel geben und mit den Schneebesen des Handrührgerätes auf höchster Stufe schaumig rühren.
- Mehl, Backpulver und Mandeln mischen und esslöffelweise unter die Eimasse heben.
- Fett einlaufen lassen und unterrühren.
- Hälfte des Teiges in einen Spritzbeutel füllen. In die gefetteten Mulden spritzen und im vorgeheizten Backofen (E-Herd: 200 °C/ Umluft: 175 °C/ Gas: Stufe 3) 10–12 Minuten backen. Aus dem Ofen nehmen, ca. 5 Minuten abkühlen lassen, aus den Mulden lösen.
- Blech säubern, erneut fetten und den restlichen Teig wie oben beschrieben verarbeiten. Madeleines nach Belieben mit Puderzucker bestäuben.
- Schmecken frisch am besten, halten sich aber in einer Keksdose auch 3-4 Tage.
Hier findet Ihr übrigens noch ein anderes Keksrezept (inkl. Verpackungs- und Geschenkidee), falls die Dose mal intensiv nach Schokolade riechen soll.
In diesem Sinne: Seid öfter mal Plem Plem, hört nicht immer auf das, was ALLE sagen oder tun und habt eine verrückte Woche!
Eure
aus dem House No.15